20.12.2015
Datenschutz: Neues Klagerecht für Verbraucherverbände

Dr. Philipp Siedenburg
Director Datenschutz
Am 17.12.2015 hat der Bundestag ein neues Gesetz im Datenschutz- und Verbraucherschutzrecht beschlossen. Mit dieser Neuregelung können Verbraucher- und Wirtschaftsverbände sowie Wirtschaftskammern bei Verstößen von Unternehmen gegen verbraucherschutzrelevante Vorschriften des Datenschutzrechts Unterlassungsansprüche geltend machen.
Ausgangslage
Bislang galt nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), dass Betroffene ihre ihnen nach dem Gesetz zustehenden Rechte gegenüber den verantwortlichen Stellen nur selbst geltend machen konnten. So musste ein Verbraucher eine Verletzung des Datenschutzrechts zu seinen Lasten selbst nachweisen und rechtliche Schritte gegen das jeweilige Unternehmen einleiten. Diese Rechtslage stand teilweise in der Kritik, weil einzelne Verbraucher sich auf Grundlage der alten Bestimmungen häufig gegen Unternehmen mit großer Marktmacht durchsetzen mussten.
Die gesetzlichen Neuerungen
Durch das neue Gesetz können Verbraucher- und Wirtschaftsverbände sowie Industrie-, Handwerks- und Handelskammern Datenschutzverstöße im Wege der Unterlassungsklage verfolgen, soweit Daten zu Zwecken der Werbung, der Markt- und Meinungsforschung, des Betreibens von Auskunfteien, des sonstigen Datenhandels oder zu vergleichbaren kommerziellen Zwecken erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Soweit diese Voraussetzungen erfüllt sind, sind Verstöße gegen alle Vorschriften des Datenschutzrechts verfolgbar.
Zugleich wurde beschlossen, die Anforderungen an die Form von Erklärungen des Verbrauchers zu senken. Grundsätzlich soll der Verbraucher Erklärungen gegenüber dem Unternehmen stets in Textform tätigen dürfen. Die Kündigung eines Vertrages kann daher in AGB nicht mehr an die Schriftform gebunden werden. Es genügt in der Regel eine Erklärung per E-Mail.
Kostenfreie Expertise im E-Mail-Postfach
Alle wichtigen Neuigkeiten zu Datenschutz, Informationssicherheit, KI und Datenstrategien einmal monatlich bequem im E-Mail-Postfach – natürlich kostenlos.
Reaktionen und Konsequenzen für die Praxis
Die Bundesregierung preist ihr Gesetz als Gewinn für Verbraucher, die nun nicht mehr allein gegen scheinbar übermächtige Unternehmen vorgehen müssen. Die aus den Parteien Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke bestehende Opposition im Bundestag hatte sogar noch weitergehende Klagerechte für Verbände beantragt.
Vertreter von Unternehmen sehen demgegenüber Schwächen der neuen Rechtslage: Der Bundesverband Deutsche Startups e. V. kritisiert die Reform wegen der Entstehung einer zusätzlichen Kontrollinstanz, die anders als die zuständigen Behörden weder unabhängig sei noch Interesse an Kompromissen habe. Es sei eine Klagewelle zu befürchten, welche die Arbeit und den Erfolg der deutschen Unternehmen massiv beeinträchtigen werde.
Im Ergebnis bleibt abzuwarten, wie die Verbände ihre neuen Befugnisse nutzen werden. Unternehmen werden aber in jedem Fall mit einer noch strengeren Überprüfung hinsichtlich der Umsetzung rechtlicher Vorgaben rechnen müssen. Dies stellt insbesondere für kleinere Unternehmen und Start-Ups eine nicht unerhebliche Hürde dar, weil sich hier die für die fehlerlose Umsetzung der Vorschriften notwendigen unternehmerischen Strukturen noch in der Entstehung befinden.
Zur Vermeidung von Nachteilen sollten sich diese Unternehmen schon in der Anfangsphase um eine umfassende und kompetente rechtliche Beratung bemühen.
Aber auch etablierten Unternehmen ist zu empfehlen, ihre datenschutzrechtlichen Regelungen zu überprüfen – gerade im Hinblick auf die im Datenschutz recht häufig unklare Rechtslage ist auch hier mit einer Vielzahl von Abmahnungen zu rechnen.
Weitere Neuigkeiten
25.06.2025
In 5 Schritten zur systematischen AI Governance: KI rechtssicher nutzen
Die Regulierung von Künstlicher Intelligenz nimmt Fahrt auf – mit unmittelbaren Auswirkungen für Unternehmen. Wer KI künftig sicher und gesetzeskonform einsetzen möchte, braucht mehr als technische Kompetenz: Gefragt ist ein systematischer Governance-Ansatz.
Weiterlesen … In 5 Schritten zur systematischen AI Governance: KI rechtssicher nutzen
23.06.2025
CRA & B2B: Diese digitalen Industrieprodukte fallen jetzt unter EU-Vorgaben
Der Cyber Resilience Act (CRA) der EU betrifft nicht nur klassische Verbrauchsprodukte oder Smart-Home-Geräte, sondern hat erhebliche Auswirkungen auf den professionellen und industriellen B2B-Sektor. Hersteller, Importeure, Systemintegratoren und Händler von digitalen Produkten im professionellen Einsatzbereich müssen sich intensiv mit den neuen Cybersicherheitsanforderungen auseinandersetzen.
Weiterlesen … CRA & B2B: Diese digitalen Industrieprodukte fallen jetzt unter EU-Vorgaben
16.06.2025
Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) für KI-Tools: Wie Unternehmen rechtssicher KI einsetzen können
Mit dem Vormarsch von KI-Tools wie Microsoft Copilot, ChatGPT oder DeepSeek geraten Unternehmen zunehmend unter regulatorischen Druck. Datenschutz-Folgenabschätzungen (DSFA) werden zum Pflichtprogramm. Doch was bedeutet das konkret? Und worauf müssen Unternehmen achten?