Die Umstellung der Arbeit vom Büro ins Home-Office erfordert klare und verständliche Regelungen darüber, wie der Beschäftigte seinen Arbeitsplatz zuhause einrichtet und wie er von dort aus seiner Tätigkeit nachgeht. Dafür bieten sich schriftliche Vereinbarungen mit dem Beschäftigten speziell für das Home-Office an. In vielen dieser Vereinbarungen wird auch ein Zutrittsrecht bzw. Zugangsrecht des Arbeitgebers formuliert, um insbesondere den Datenschutz und die IT-Sicherheit zu kontrollieren. Doch ist das überhaupt zulässig? Wie muss so ein Zutrittsrecht des Arbeitgebers vertraglich ausgestaltet werden? Und welche Besonderheiten ergeben sich durch die Coronakrise? Das alles klären wir in diesem Beitrag!

Warum braucht der Arbeitgeber Zutritt zur Wohnung?

Der Arbeitgeber hat nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) die Verantwortung über die rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten im Unternehmen zu tragen. Außerdem ist er für den Arbeitsschutz verantwortlich (z.B. für sog. Gefährdungsbeurteilungen). Innerhalb des Büros kann er diese Verpflichtungen leichter erfüllen, weil er direkt Einfluss auf die verwendete Technik, die technischen und organisatorischen Maßnahmen und die Arbeitsweise der Beschäftigten nehmen kann. Bei Beschäftigten im Home-Office ist er darauf angewiesen, dass diese die vereinbarten Regelungen einhalten und umsetzen – bleibt aber genauso verantwortlich wie bei der Arbeit im Büro. Deshalb muss der Arbeitgeber in der Lage sein, die Umsetzung der Regelungen und Vereinbarungen zu kontrollieren.

Warum ist eine spezielle Vereinbarung für die Kontrollen notwendig?

Kontrollen in der Wohnung des Beschäftigten sind jedoch nicht ohne Weiteres möglich. Der Beschäftigte hat das Hausrecht für seine Wohnung und darf entscheiden, wer sie betritt. Dieses Recht folgt aus der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG, ist also verfassungsrechtlich untermauert. Das Hausrecht wird zivil- und strafrechtlich im Bürgerlichen Gesetzbuch und dem Strafgesetzbuch geschützt. Es ist so insbesondere strafbar, ohne Zustimmung die Wohnung zu betreten (§ 123 Abs. 1 StGB). Deswegen existiert auch kein generelles Zutrittsrecht. Stattdessen muss der Arbeitgeber den Zutritt zur Wohnung des Beschäftigten vertraglich regeln und bedarf für das tatsächliche Betreten der Zustimmung aller Bewohner.

Darf der Beschäftigte trotz Vereinbarung den Zutritt verweigern?

Da das tatsächliche Betreten auch mit vorliegender Vereinbarung die Zustimmung aller volljährigen Bewohner erfordert, kann eine Kontrolle im Einzelfall trotzdem verweigert werden. Das folgt aus der bedeutsamen Stellung des Art. 13 GG. Allerdings bleibt es dem Arbeitgeber vorbehalten, bei einer Verweigerung trotz vorheriger vertraglicher Vereinbarung arbeitsrechtliche Konsequenzen festzulegen. Beispielsweise könnte er vereinbaren, bei einer Verweigerung des Zutritts den Beschäftigten anzuweisen, wieder im Büro zu arbeiten.


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Zu welchen Zwecken darf der Arbeitgeber Kontrollen durchführen?

Der Arbeitgeber darf nur zu den vorher vertraglich vereinbarten Zwecken Kontrollen durchführen. Nach der DSGVO darf (und soll) er Kontrollen zur Einhaltung des Datenschutzes und der IT-Sicherheit durchführen. Darüber hinaus hat er sich von der Umsetzung der Regeln zum Arbeits- und Gesundheitsschutz zu überzeugen. Bei den Kontrollen muss er sich jedoch auf das unbedingt Erforderliche beschränken und darf sie nur in angemessenem Umfang durchführen.

Zu welcher Zeit darf der Arbeitgeber Kontrollen durchführen?

Grundsätzlich darf der Arbeitgeber nur zu der Zeit Kontrollen im Home-Office durchführen, zu der der Beschäftigte seine häusliche Arbeitszeit hat. Er darf den Beschäftigten nicht zur Unzeit besuchen und muss seinen Besuch mit angemessener Frist vorher ankündigen. Diese Ankündigungsfrist muss auch in der vertraglichen Vereinbarung festgehalten werden. Unter Umständen kann jedoch in der Vereinbarung auch geregelt werden, in welchen außergewöhnlichen Situationen eine kürzere Ankündigungsfrist in Betracht kommt.

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Wer außer dem Arbeitgeber benötigt noch Zutritt zur Wohnung?

Neben dem Arbeitgeber selbst sollte auch der Zutritt durch den betrieblichen Datenschutzbeauftragten und die Datenschutzaufsichtsbehörde in der vertraglichen Vereinbarung geregelt werden. Denn die Datenschutzaufsichtsbehörde hat nach Art. 58 Abs. 1 lit. f DSGVO, § 40 Abs. 5 BDSG das Recht, die Einhaltung des Datenschutzes zu überwachen. Und diese Überwachung muss auch im Home-Office möglich sein. Daneben kommen auch der betriebliche Beauftragte für Arbeitsschutz oder Betriebsratsmitglieder (vgl. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG) als berechtigte Personen in Betracht. Die Vereinbarung sollte alle möglichen Personen klar benennen.

Wie müssen die Mitbewohner berücksichtigt werden?

Da alle volljährigen Mitbewohner zustimmen müssen, wenn der Arbeitgeber die Wohnung betreten will, sollte im Vorhinein auch von diesen eine vertragliche Zustimmung eingeholt werden. Dafür bietet es sich an, entsprechende Formulare bereitzustellen, die der Beschäftigte seinen Mitbewohnern zum Durchlesen und Unterschreiben gibt. Die unterschriebenen Formulare sollte der Arbeitgeber aufbewahren. Aber selbst mit diesen vertraglichen Zustimmungen gilt: Im Einzelfall können die Bewohner das tatsächliche Betreten weiterhin verweigern.

Entscheiden sich Mitarbeiter freiwillig für das Home-Office?

Die juristische Literatur stellt hinsichtlich der Eingriffe darauf ab, dass sich Mitarbeiter freiwillig für das Home-Office entscheiden und dann den Zutritt zur Wohnung für Kontrollen akzeptieren oder stattdessen doch im Büro bleiben können. Denn ein Recht auf Home-Office gibt es in Deutschland bisher nicht. Doch in der aktuellen Coronakrise könnte es an dieser Freiwilligkeit mangeln, wenn der Arbeitgeber keine andere Wahl hat, als seine Beschäftigten ins Home-Office zu schicken, und sie so faktisch zwingt, die Kontrollen zu akzeptieren. Wenn der Beschäftigte nur die Wahl hat, ins Home-Office zu gehen, ist es daher nicht letztlich geklärt, ob die Vereinbarung von Kontrollen zulässig ist.

Gibt es mildere Mittel?

Statt des Zugangs zur Wohnung sollte sich der Arbeitgeber auch über mildere Mittel Gedanken machen. Sofern bestimmte Aspekte des Datenschutzes und der IT-Sicherheit auch über eine Ferndiagnose mit demselben Ergebnis überprüft werden können, sollten diese Möglichkeiten bevorzugt herangezogen werden. Denn es ließe sich nicht rechtfertigen, dass der Arbeitgeber die Wohnung betritt, wenn er auf andere Weise und ggf. sogar mit geringerem Aufwand seiner Kontrollpflicht nachkommen kann.

Was darf der Arbeitgeber nicht kontrollieren?

Die Kontrolltätigkeit darf sich ausschließlich auf die Umsetzung der entsprechenden Regelungen des Datenschutzes, der IT-Sicherheit und des Arbeits- und Gesundheitsschutzes beziehen. Im Home-Office ist es jedoch wie im Büro gleichermaßen grundsätzlich verboten, den Beschäftigten umfassend zu überwachen. Sofern also Tools zur Ferndiagnose eingesetzt werden, darf sich deren Funktion nur auf die gesetzlichen Kontrollpflichten beziehen. Eine dauerhafte Überwachung der Tätigkeit des Beschäftigten im Home-Office ist grundsätzlich unzulässig.

Fazit

Der Arbeitgeber hat also viele Aspekte zu beachten, wenn es um die Einräumung eines Zutrittsrecht beim Home-Office geht. Deshalb ist es wichtig, alle relevanten Punkte in die Vereinbarung mit dem Beschäftigten aufzunehmen und sie so konkret wie möglich auszugestalten. Dabei sollte sich der Arbeitgeber aber auch stets des hohen Rangs der Unverletzlichkeit der Wohnung bewusst sein und die aus seiner Vereinbarung hervorgehenden Zutrittsrechte wirklich auf das absolut Erforderliche beschränken – oder bestenfalls mildere Alternativen nutzen.
Wir stehen für Sie als Ansprechpartner zur Verfügung und entwickeln mit Ihnen eine Vereinbarung zur Arbeit im Home-Office, die insbesondere das Zutrittsrecht des Arbeitgebers regelt. Sprechen Sie uns an und vertrauen Sie auf unsere Expertise im Datenschutz- und IT-Recht!

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