Bei allen Formen der Videoüberwachung ist die rechtskonforme Auseinandersetzung mit den aktuell geltenden Datenschutzregeln unerlässlich. Diese verändern sich aktuell nicht nur aufgrund der Einführung der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), sondern auch im Licht der Sicherheitsdebatte. Unser Beitrag beschreibt die neuen Rechtsgrundlagen auf europäischer wie nationaler Ebene und zeigt, auf welche Bereiche Unternehmen ihr Hauptaugenmerk legen sollten.

Videoüberwachung nach dem Bundesdatenschutzgesetz heute

Nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in seiner bisherigen Form hat sich die Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung an drei Ausgangsnormen zu messen. § 6b BDSG stellt direkt auf die Überwachung öffentlich zugänglicher Räume ab. In Bezug auf Beschäftigungsverhältnisse gibt § 32 BDSG Auskunft, ohne die Videoüberwachung gesondert zu erwähnen. Ist keiner der vorgenannten Tatbestände betroffen, bleibt die Generalklausel des § 28 BDSG.

Da eine Einwilligungserklärung von allen im öffentlich zugänglichen Raum Aufgenommenen nicht zu erhalten sein wird, definiert § 6b Abs. 1 BDSG für eine hier erfolgende Videoüberwachung gesetzliche Erlaubnistatbestände. Neben der Erlaubnis für öffentliche Institutionen zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben und für Private, die ihr Hausrecht ausüben, besteht für den Überwachenden auch die Möglichkeit, auf der Grundlage berechtigter Interessen selbst konkrete Zwecke festzulegen. Um Willkür auszuschließen, dürfen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass schutzwürdige Interessen des Betroffenen überwiegen, nicht überwacht zu werden.

Essentiell ist die Kennzeichnungspflicht der Videoüberwachung, die sich in § 6b Abs. 2 BDSG findet. Der Einzelne muss nachvollziehen können, ob in einem bestimmten Bereich überwacht wird, und wer hierfür der Verantwortliche ist. Eine gesonderte Benachrichtigung des Einzelnen ist nur dann erforderlich, wenn die Beobachtung einer bestimmten Person zuzuordnen ist.

Letzteren Aspekt greifen sowohl § 32 BDSG im Beschäftigtenverhältnis und § 28 BDSG in allen übrigen Fallvarianten auf, da sie einen Personenbezug der im Wege der Videoüberwachung erlangten Daten von vornherein voraussetzen.

Ein wichtiges Element des geltenden Rechts ist zudem die Vorabkontrolle, die gemäß § 4d Abs. 5 BDSG in Verbindung mit der von den Aufsichtsbehörden etablierten Praxis einer Videoüberwachung vorausgehen muss. Sie kann durch Datenschutzbeauftragte des Unternehmens erfolgen oder direkt mit den Aufsichtsbehörden abgestimmt werden.

Änderungen durch die Datenschutzgrundverordnung

Wer nach den Vorschriften der DSGVO Videoüberwachung betreiben möchte, muss sich mit der gesamten Komplexität des neuen Regelwerks auseinandersetzen. Da spezielle Regelungen in diesem Bereich fehlen, sind die allgemeinen Bestimmungen zu interpretieren und in die Praxis umzusetzen. Hinzu kommt, dass der nationale Gesetzgeber aufgrund bestehender Freiräume weiterhin in bestimmtem Maß seine eigenen Vorstellungen verwirklichen darf.

Häufig wird geäußert, Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f DSGVO bilde als sogenannte Generalklausel auch einen Auffangtatbestand und somit den rechtlichen Ausgangspunkt für die Videoüberwachung. Dabei ist zu bedenken, dass diese Vorschrift in erster Linie für Daten mit Personenbezug gilt. Letztgenannter Aspekt kann bei vielen Formen der Videoüberwachung zumindest hinterfragt werden. Die aktuelle Richtung der Debatte lässt jedoch erwarten, dass die hier zitierte Generalklausel als Rechtsgrundlage akzeptiert werden wird. Somit ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Die konkreten Maßnahmen werden im Einzelfall im Rahmen der rechtlichen Beratung und möglichst in Abstimmung mit den Aufsichtsbehörden zu bestimmen sein.

Die Frage des Personenbezugs ist auch deshalb weit zu interpretieren, da die DSGVO in Erwägungsgrund 25 ausdrücklich verlangt, die zum Zeitpunkt der Verarbeitung absehbaren technologischen Entwicklungen in die Beurteilung miteinzubeziehen. Die kontinuierliche Ausbreitung von Kameras inklusive Uploadfunktion und die Weiterentwicklung der Gesichtserkennung sprechen sicher dafür, einen Personenbezug häufiger zu bejahen.

In einem früheren Beitrag [Link] erläuterten wir die Entwicklung von der Vorabkontrolle nach BDSG hin zur sogenannten Datenschutz-Folgenabschätzung (Artikel 35 ff. DSGVO). Diese ist bei Datenvorarbeitungsvorgängen mit einem erhöhten Datenschutzrisiko notwendig. Dass Videoüberwachung zumindest partiell eine Folgenabschätzung verlangt, ist in Art. 35 Abs. 3 Buchstabe c DSGVO mit Blick auf eine „systematische umfangreiche Überwachung öffentlich zugänglicher Bereiche“ explizit angesprochen worden. Die Deutung dieser durchaus offen formulierten Tatbestandsmerkmale ist noch lange nicht abgeschlossen und wird sich im Einzelfall stets von neuem bewähren müssen. Aufgrund empfindlicher Haftungs- und Sanktionsmöglichkeiten der DSGVO (vgl. Art. 82 bis 84 DSGVO) wird die Beurteilung, inwieweit eine Folgenabschätzung gefordert ist, zukünftig von zentraler Bedeutung sein.

Eine ausdrückliche Kennzeichnungspflicht wie nach § 6b Abs. 2 BDSG ist der DSGVO nicht zu entnehmen. Eine potentiell lückenlose Überwachung auch im öffentlichen Raum ohne eine Möglichkeit des Einzelnen, sich über die Tatsache der Überwachung zu informieren, dürfte wegen starker grundrechtlicher Bedenken allerdings kaum haltbar sein. Betreiber von Videoüberwachung sollten hier auch deshalb möglichst transparent agieren, da so die Akzeptanz. Im Rahmen der Anpassung der deutschen Vorschriften an die DSGVO sind Entwürfe der Bundesregierung publik geworden, die eine generelle Beibehaltung der Kennzeichnungspflicht zum Ziel haben. Ob dem deutschen Gesetzgeber überhaupt eine derart weitgehende Regelungsbefugnis zukommt und inwieweit die beabsichtigten Bestimmungen noch Änderungen erfahren, wird derzeit intensiv diskutiert.

Praxishinweis

Die DSGVO bringt im Bereich der Videoüberwachung nicht unbedingt strengere Anforderungen mit sich. Sie löst jedoch durch viele offene Formulierungen und den Mangel an Spezialregelungen Unsicherheit aus. Diese ist umso stärker, da der Anpassungsprozess der nationalen Vorschriften bislang nicht abgeschlossen und unklar ist, inwieweit die beabsichtigten Vorschriften mit den europäischen Vorgaben tatsächlich in Einklang zu bringen sind.

Unternehmen sollten sich dennoch so früh wie möglich auf die geänderten Verfahren und Regelungen einstellen. Da es auch an validen Äußerungen der Aufsichtsbehörden fehlt und nicht feststeht, wann diese vorliegen werden, ist die Inanspruchnahme einer spezialisierten, auf langjähriger Erfahrung beruhenden rechtlichen Beratung bereits jetzt zu empfehlen.

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